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Künstler: Aereogramme

Album: My heart has a wish that you would not go

Erscheinungsjahr: 2007

Anspieltipp: Barriers

Autor: Markus

Bereits im Jahre 1998 gegründet, benötigte das schottische Trio Aereogramme ganze drei Jahre, bis das bandeigene Debutalbum in den Plattenläden rund um den Globus erhältlich war. Und tatsächlich handelte es sich bei „A story in white“ keineswegs um einen Schnellschuss. Insbesondere die zum Teil überschwänglichen Reaktionen der versammelten Musikpresse ließen deutlich erkennen, dass Aereogramme mit ihrem ersten vollständigen Studiowerk ein intensives Meisterwerk kreiert hatten, mit welchem sich das Glasgower Dreigespann im Dunstkreis solch illustrer Kapellen wie Mogwai oder Arab Strab eine unverkennbar eigene Nische schuf. Zwar fiel es den Musikrezensenten ob der dargebotenen Stilvielfalt sichtlich schwer, die Kapelle zu kategorisieren, dennoch (oder gerade deshalb) erntete man bereits in diesem frühen Stadium der Bandgeschichte beinahe allerorts Lob und avancierte schnell zu Kritikerlieblingen. Die so begonnene Erfolgsstory der Formation aus dem Land des Whiskeys, der Dudelsäcke und Kilts setzte sich auch nach dem Erscheinen des Zweitwerkes namentlich „Sleep and release“ (2003) fort. Von nun an agierte die Combo nicht mehr länger in Dreierbesetzung. Mit Ian Cook wurde ein befreundeter Künstler in die Band integriert, dem fortan die Aufgabe zuteil wurde, die ohnehin schon massiven Soundgerüste des Outfits mit Hilfe allerhand analoger und elektronischer Werkzeuge zu verdichten. In den Folgejahren profilierten sich Aereogramme in erster Linie als exzellente Liveband (u.a. Europatournee im Vorprogramm von Thursday) und veröffentlichten anno 2004 eine ebenfalls viel beachtete 6-Track-EP mit dem Titel „Seclusion“. Im letzten Jahr machten die bärtigen Schotten durch eine auf Silberling gepresste Jamsession mit den Visionären von Isis auf sich aufmerksam. Die Kollaborationsveröffentlichung  „In the fishtank“ wird erst seit wenigen Monaten feilgeboten.

Auch wenn der Titel des nunmehr dritten vollständigen Aereogramme Studiooutputs etwas anderes impliziert, die Aussage „My heart has a wish that you would not go“ ist mitnichten einem schwülstigen Liebesgedicht entliehen. Stattdessen bedient sich die Formation hier einer literarischen Vorlage und verweist auf eine Textstelle in William Peter Blattys Horrorroman „The exorcist“. Dennoch ist der neueste Longplayer aus dem Hause Aereogramme gefühlvoller, zugänglicher und vor allem leiser als die vorangegangenen Veröffentlichungen ausgefallen. Bereits im Vorfeld des Releases hatte die Band immer wieder in Interviews betont, man habe es satt, permanent Stücke zu kreieren, denen eine offensichtliche Laut-Leise-Dynamik innewohne. Folgerichtig sind die eruptiven Ausbrüche in der Musik des schottischen Vorzeigequartetts anno 2007 beinahe gänzlich verschwunden. Stattdessen wird der geneigte Zuhörer dieses mal mit zehn charmant arrangierten Kompositionen umworben, die insbesondere durch eine faszinierende Gesangsleistung (klare, wunderschöne und häufig zerbrechlich anmutende Vocals) sowie weitläufige Melodiebögen zu gefallen wissen. Sämtliche Stücke atmen den Geist anspruchsvoller Popmusik und dürften einem wesentlich breiterem Publikum gefallen als bisher. Böse Zungen könnten behaupten, Aereogramme hätten sich schlicht auf ihre leise Seite reduziert, aber ein solches Urteil würde „My heart has a wish that you would not go“ keinesfalls gerecht werden. Zu vielfältig mutet jedes einzelne Stück an, zu sehr unterscheiden sich die einzelnen Songs voneinander und zu sehr hört man das Herzblut aus jeder Note des Longplayers tropfen. Eine Melodieführung wie im bittersüßen und sehr eingängigen Opener „Conscious Life for Coma Boy“ sucht man anderorts vergebens; auch der zunächst gewöhnungsbedürftig anmutende Einsatz der Violine im sehnsüchtigen „Barriers“ oder der dramatische Spannungsaufbau im siebten Song „Trenches“ zeigt, wie außergewöhnlich Aereogramme heuer vorgehen. Keine Frage, die Bartträger betreten neue Terrains, bewahren sich aber zu jeder Sekunde ihre Individualität. Und genau das ist es, was diese Platte so stark macht. Hier hat es eine Band satt, ständig auf Laut-Leise-Schemata reduziert zu werden. Daher tut sie das einzig Richtige und ergreift die Flucht nach vorne. „My heart has a wish that you would not go“ sollte sich niemand – und ich meine wirklich niemand – entgehen lassen.

 

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